liquid existence the image is within me – it’s not in front – I am inside – it is I

Nora Schöpfer

Fluid Realities Photography Detail Kl
Nora Schöpfer, fluid realities I, Detail, 2014

liquid existence
the image is within me – it’s not in front –
I am inside – it is I

Nora Schöpfer

René Magritte und Heinz von Förster. Magrittes berühmtes La trahison des images aus dem Jahr 1929 – ein Bild ist nicht die Realität eines Gegenstandes (Dies ist keine Pfeife) – und von Försters Der Hörer, nicht der Sprecher, bestimmt die Bedeutung einer Aussage. – das hermeneutische Prinzip.
Nora Schöpfer beschäftigte sich in liquid existence mit den Wahrnehmungsmustern von Wirklichkeit und Kunst, und die sind dieselben. Die Übergänge verfließen. Die Frage nach der Wahrheit stellt sich dabei nicht, auch wenn uns der Begriff „Wahrnehmung“ das hinterlistig vorzumachen versucht.
Nora Schöpfer untersuchte in liquid existence vielmehr die existenzielle Erfahrung, das Erleben, das Erinnern, das Vor­stellen. Als Rauminstallation unter Einbeziehung von Fotogra­fie, Malerei, Video und Objekt angelegt, ging es hier nicht um die Frage nach der Realität eines Gegenstandes und dessen Abbild, sondern in einem universellen Sinn um eine ganzheit­liche Wahrnehmung von Wirklichkeit in Raum und Zeit und die Möglichkeiten ihrer Sichtbarmachung im Kunstwerk. Schöpfer vertraute dabei ihrer Einbildungskraft. Hier wurde deutlich: Die Ursachen der Erfahrungen sind die Beobachtungen und nicht die vorgegebene Umwelt. Die Wirklichkeit ist eine Summe aller Sinneswahrnehmungen.
Nora Schöpfer vertraute aber auch der subjektiven Einbil­dungskraft der Besucherinnen und Besucher und lud sie ein, über ihre Erfahrungen in der Ausstellung zu reflektieren, dies zu notieren und zur Diskussion zu stellen. Die BetrachterInnen waren involviert, erst in ihrer Wahrnehmung wurde die Aus­stellung als solche sichtbar (The image is within me – it’s not in front – I am inside – it is I).
Dass Nora Schöpfer darin über Bilder argumentierte, diese komplexe Fragestellung in Bildern auflöste, hat zum einen mit ihrer visuellen Kompetenz als Malerin zu tun, zum anderen aber auch mit einer Alltagserfahrung aus den Bilderspeichern des Internets und der digitalen Bilderflut unserer aktuellen Mediengesellschaft, die das Bild zum zentralen Informations­medium werden ließ. Was in den Kulturwissenschaften als „iconic turn“ das Auslösen einer vermehrten Bildaufmerk­samkeit gegenüber der Sprache meint, wird bei Schöpfer ein Denken mit Hilfe von Bildern. Erst über die Bilder wird die Wirklichkeit generiert. Dabei trägt sie der Breite visueller Praktiken von Sehen, Aufmerksamkeit, Erinnern, Beobachten und Vorstellen Rechnung und führte sie als Raumerlebnis in liquid existence zusammen.
Die Flüchtigkeit des Augenblicks und das Dehnen des Mo­ments war schon in früheren Arbeiten Nora Schöpfers präsent. Zeit wird hier als Augenblick verstanden, als der Moment, in dem sich das Erlebte schon wieder aufzulösen beginnt und zur Vergangenheit wird. In diesem Spannungsfeld von Erfahren und Erinnern operiert Nora Schöpfer nun mit den sich in ihrer Arbeit gegenseitig bedingenden Medien Malerei, Fotografie, Video und Objekt und erweiterte sie in einer Rauminstallation zu einer ganzheitlichen Erfahrung, die Raumfolge der Galerie wurde zu einem Bild. Die Wirklichkeit konstituierte sich darin aus dem Erleben von Licht, Horizont, Erzählung, kunsthistori­schem Zitat, fließender Farbe, Landschaft, sozialen Begegnun­gen – aus Gegenwart, Erinnerung und Vorstellung.
Günther Moschig

Beim Beobachten des „In-die-Welt-Schauens“ fällt mir auf, dass sich der Akt der Wahrnehmung und das Wahrgenommene oszillierend verhalten, sich ein Außen nach innen kehrt, wäh­rend sich ein Innen ins Außen projiziert.
In den experimentellen Auseinandersetzungen mit unter­schiedlichen Medien zu diesen Gedanken geht es mir beson­ders um die Erfahrbarkeit der Präsenz, die innerhalb des Flie­ßens von Zeit und Materie etwas Permanentes zu sein scheint. Da sich jeden Augenblick alles neu formiert, wäre anstatt einer verlässlichen Wirklichkeit im Außen nur ein Fließen der Exis­tenz zu erleben.
Weniger naheliegend als die gedachte Permanenz von Ge­genwärtigkeit ist ihr Erleben, weil wir gewohnt sind, das eben Erfasste zu definieren und uns damit vielleicht gerade durch das Erkennen vom momentanen Staunen wegzubewegen.
Nora Schöpfer

Nora Schöpfer *1962 in Innsbruck. Lebt und arbeitet in Innsbruck. Ausbildung: 1984 Hochschule für angewandte Kunst in Wien bei Oswald Oberhuber und Ernst Caramelle. 1991 Diplom
https://www.noraschoepfer.at/

Eröffnung: Mittwoch, 25. März 2015 um 19.00
Eröffnung durch Dr. Karl Gostner, Obmann Innsbruck Tourismus
Zur Ausstellung spricht: Bernd Oppl, Vorstandsmitglied, Tiroler Künstlerschaft